Da Auseinandersetzungen zwischen Vermieter und Mieter zum Alltagsgeschäft einer Zivilgesellschaft gehören, existieren in vielen europäischen Ländern Behörden, die die Gerichte in Wohnstreitigkeiten entlasten und Mieterinnen und Mietern einen möglichst unkomplizierten Zugang zum Recht verschaffen sollen.
In Österreich sind dies die sogenannten Schlichtungsstellen, die in größeren Städten den Gerichten in vielen – wenn auch nicht in allen – wohnrechtlichen Belangen vorgelagert sind.
Ihre Entstehung verdankt die Schlichtungsstelle der großen Massenverelendung der Zeit zwischen 1900 und während des Ersten Weltkrieges.
Mit der ersten Mieterschutzverordnung im Jahre 1917 (RGBL 1917/34) wurden die Schlichtungsstellen, die bis heute unverzichtbares Element der Wohnstreitkultur in Österreich darstellen, ins Leben gerufen.
§ 12 der 1. Mieterschutzverordnung lautete:
Mietämter sind in Städten mit eigenem Statut und in Gemeinden, die bei der letzten Volkszählung mehr als 20.000 Einwohner hatten, zu errichten. In andern Gemeinden können auf Grund eines Beschlusses des Gemeindeausschusses Mietämter errichtet werden. Der Gemeindeausschuss (Stadtrat) kann die Errichtung mehrerer Mietämter beschließen und hat ihren ortlichen Wirkungsbereich zu bestimmen.
Die mit der Errichtung und der Tätigkeit der Mietämter verbundene Kosten trägt die Gemeinde.
Damit war der Grundstein gelegt, einer breiten Bevölkerungsschicht zumindest das Gefühl zu verleihen, sie würden bei grundsätzlich neutralen gesetzesgebundenen, aber ebenso sozial und juristisch versierten Behörden, ohne großes Kostenrisiko Unterstützung in ihren berechtigten Wohnanliegen finden.
Mit der Verabschiedung des Mietengesetzes im Jahr 1922 wurden die Mietämter in Mietkommissionen, die den Gerichten angegliedert wurden, umgestaltet. Diese Mietkommissionen setzten sich aus einem vorsitzendem Richter und einem Mieter- sowie einem Vermietervertreter zusammen. In größeren Städten konnten die Mietkommissionen nur angerufen werden, wenn zuvor eine in diesen Städten eingerichtete Schlichtungsstelle befasst wurde.