Mit dem Mietengesetz 1922 wurde in dessen § 2 Mietzinszinsbeschränkungen eingeführt, die als Berechnungsgrundlage eine Orientierung an den Mietzinsverhältnissen des 1. August 1914 vorsahen. Konkret wurde beschlossen, dass neben den Betriebskosten eine Instandhaltungsmiete in Höhe des 150-fachen des seinerzeitigen Jahresmietzinses 1914 (Bemessungsstichtag 1.8.1914) und als Grundmietzins für eine Wohnung der halbe Jahresmietzins des Jahres 1914 verlangt werden konnte. An den wirtschaftlichen Gegebenheiten des Jahres 1922 gemessen, bedeutete dies, dass Vermieter für ihre Häuser mit der Grundmiete eine Rendite von rund 5% erwirtschaften konnten und die übrigen Mietzinsbestandteile (Instandhaltungsmiete, Betriebskosten) mehr oder weniger Durchlaufposten waren.
Entgegen einer weit verbreiteten Ansicht wurde der Mietzins 1922 nicht auf das vor Beginn des ersten Weltkriegs bestehende Niveau zurückgeführt, sondern dieses Niveau lediglich als Berechnungsgrundlage herangezogen.
Der Verabschiedung des Gesetzes waren langwierige Verhandlungen zwischen Sozialdemokraten und Christlichsozialen vorangegangen. Notwendig war die gesetzliche Regelung unter anderem deswegen, da die vierte Mieterschutzverordnung des Jahres 1918 im Gegensatz zu den früheren provisorischen Mieterschutzverordnungen kein Auslaufdatum vorgesehen hatte.
Mit den vier Mieterschutzverordnungen der Jahre 1917 und 1918 waren bereits Kündigungsbeschränkungen und Beschränkungen für Mietzinserhöhungen angeordnet worden. Allerdings orientierten sich die Mietzinsbeschränkungen nicht am Mietpreisniveau des Jahres 1914, sondern an den speziellen Gegebenheiten und Lage der jeweiligen Gemeinden.
Das Mietengesetz wurde bereits 1929 und 1933 zugunsten der Vermieter mit diversen Zuschlägen zum Friedenszins gelockert. Geschäftsräume und Wohnungen wurden unterschiedlich behandelt.
Nachdem 2. Weltkrieg wurden die Mietzinsbestimmungen des Mietengesetzes neugefasst. An Stelle abgestufter Regelungen der Jahre 1929 und 1933 wurde der höchstzulässige Mietzins 1951 mit 1 Schilling pro Friedenskrone 1914 für Wohnungen und Geschäftslokale festgelegt. Dieses System blieb für Neuvermietungen bis 1968 bestehen.
Ab 1968 konnten für neu vermietete Wohnungen (wenn diese vorher nicht zu lange unvermietet geblieben waren,) „freie“ Mietzinse vereinbart werden. Ausgenommen von dieser Regelung waren Wohnungen, die mit öffentlichen Wohnhauswiederaufbaumitteln nach dem Krieg instandgesetzt worden waren und Substandardwohnungen (ab 1974).
Da sich die ab 1968 freigegebenen Mietzinse nicht bewährten, wurden 1982 mit dem neuen Mietrechtsgesetz (MRG) erneut Mietzinsregulative eingeführt, die diesmal ein Kategoriesystem als Grundlage hatten. Dieses System sah für neu vermietete Wohnungen inflationsgesicherte klare Kategoriebeträge vor. Für Wohnungen, die vor 1968 angemietet worden waren und für die noch der Friedenszins galt, konnte der Mietzins gemäß § 45 MRG zuerst befristet, und nach weiteren Gesetzesnovellen unbefristet angehoben werden.
1985 wurde für neu vermietete Kategorie A-Wohnungen der Mietzins defacto wieder freigegeben (der Gesetzgeber nannte es beschwichtigend eine „angemessene“ Miete), was sich aufgrund der spekulationsbedingten Mietpreissteigerungen Anfang der 1990er Jahre als Fehlgriff erwiesen hatte. Wie schnell deregulierte Mieten in die Höhe schnellen konnten, mussten viele WienerInnen anlässlich des Spekulationsexzesses im Zusammenhang mit der für 1995 geplanten Weltausstellung (Expo) erfahren. Die geplante Weltausstellung musste aufgrund einer Volksbefragung 1991 fallen gelassen werden. Die Mieten blieben noch lange in lichten Höhen.
1994 wurde vom Bundesgesetzgeber der Richtwertmietzins eingeführt, der für Vermietungen ab 1994 in Häusern, die vor 1945 errichtet wurden, Mietzinsregulative vorsieht, die sich an zahlreichen individuellen Wohnungskriterien orientierten.
Für Häuser, die nach 1953 frei finanziert errichtet wurden, kann seit 1982 ein freier Mietzins vereinbart werden. Diese Häuser gelten auch heute noch mietrechtlich als „Neubauten“.
Die Lebensspanne des Friedenszinses kann somit mit den Jahren 1922 bis 1968 beziffert werden. Für Altverträge hielt er sich noch bis 1985.
Wenn Immobilienverbände heute die „Abschaffung des Friedenszinses“ fordern, hat dies mit dem historischen Friedenszins nichts zu tun. Gemeint ist die völlige Überlassung der Mieten an den „freien“ Markt.
Sozusagen alle Ampeln und Geschwindigkeitsbegrenzungen abschalten, und hoffen, dass sich alles von selbst regelt.