Ein Verordnungsentwurf des Wirtschaftsministeriums, der den Energieunternehmen die flächendeckende Einführung von „intelligenten“ Stromzählern („Smart-Meter“) vorschreibt, stößt auf Widerstand.
Der Entwurf sieht eine verpflichtende Einführung bis 2018 vor. Stromversorgern (und vielleicht nicht nur diesen) wird damit eine Live-Beobachtung des Stromverbrauchs der Haushalte ermöglicht. Auch Energiekunden sollen Zugang zu den Daten haben und dadurch ihr Verbrauchsgeschehen „besser analysieren“ können.
Fachleute bezweifeln, dass dadurch eine nennenswerte Energieersparnis zu erwarten ist.
Die Kritikpunkte:
1) Stabilität, Netzausfälle:
Durch die digitale Vernetzung kann es zu ähnlichen Ausfällen kommen, wie bei Internet- und Telekommunikationsversorgern, dies aber mit weitreichenderen Folgen.
Smart-Meter sind Computer, die den Energieverbrauch messen, und die Energieversorgung abschalten können. Es muss von einer ähnlichen Verwundbarkeit wie bei anderen Digitalnetzen ausgegangen werden. In anderen Worten: Mit den gleichen Mitteln mit denen zu Hause der PC über das Internet lahmgelegt und dessen Daten gefischt werden können, kann dies auch mit der Stromversorgung passieren. So könnte eine Schadsoftware in ganzen Regionen das Licht abschalten.
2) Überwachung
Durch die Live-Verbrauchserfassung in Wohnungen können Verbraucherprofile über das Bewohnerverhalten erstellt werden. Derartige Daten haben ein erhebliches Schadenspotential und nicht nur so mancher Einbrecher wird sich freuen, an die Informationen zu kommen.
3) Preismanipulation, Erpressung des Kunden
Private Energieanbieter verfolgen vor allem eigene Geschäftsinteressen und Skandale in den USA (und neuerdings auch in Deutschland) haben gezeigt, dass der Markt keine ausreichenden Regulative hat, um schweren Missbräuchen vorzubeugen. Missbräuche sind mit Smart-Metern leichter zu bewerkstelligen. Wir liefern uns den Stromlieferanten durch Preisgabe unserer Verbrauchsprofile aus.
„Intelligente Stromzähler“ erlauben Stromanbietern „flexible Tarife“, die dem konkreten Verhalten der Energiekunden angepasst sind. Das kann, muss aber kein Vorteil für den Kunden sein, und macht diesen hinsichtlich seiner Verbrauchsgewohnheiten gläsern und in der Tarifpolitik zum Opfer des über die Gewohnheiten und Bedürfnisse des Stromkunden gut informierten Anbieters.
Und die Vorteile? Gibt es wohl auch.
Will man weg von der einseitigen Stromerzeugung durch Großkraftwerke hin zu einer Möglichkeit der vermehrten Einspeisung eigener, alternativer, kleinerer Energiequellen (zB. Solaranlagen am Dach), benötigt man ein System, das gewährleistet, dass Spitzenschwankungen sowohl bei der Lieferung als auch beim Verbrauch vermieden werden.
Wenn es zu einer größeren Verbreitung von Elektrotechnologien („Tanken aus der Steckdose“) kommen sollte, wird der Stromverbrauch an sich vermutlich nur gering steigen (Schätzungen gehen von nur 3% aus), die Lastspitzen könnten sich aber um bis zu 70% erhöhen. Damit diese Spitzen im Verbrauch wie in der Einspeisung (die zu einem Komplettausfall der Netze führen können) vermieden werden, bedarf es einer Steuerung, die mit Smart-Metern vielleicht besser gewährleistet werden kann – so die Argumentation der Befürworter. Dies soll über die genauen Daten der Strom-Nachfrage der Verbraucher und der Möglichkeit, diese Nachfrage durch variable lastabhängige Tarifstrukturen zu beeinflussen, geschehen.
Wer hat also Recht? Kritiker oder naive Technikgläubige? Vielleicht beide. Die Frage ist, ob es notwendig ist, in vorauseilendem Gehorsam eine Umstellung zu forcieren, die im aktuell geplanten Ausmaß, insbesondere für normale Haushalte in Mehrparteienhäusern, völlig unnötig erscheint. Das Argument, dass einige europäische Länder offener für die Umstellung auf Smartgrids eintreten, besagt angesichts der auch diesen Ländern fehlenden Erfahrungswerte wenig.
Was man mit Sicherheit weiß, ist, dass es ein gutes Geschäft für die Anbieter dieser Messtechnologien sein wird. Wir alle erinnern uns noch an die unsinnige Einführung der Quecksilberlampen, die deren Produzenten ordentliche Umsätze brachten, ohne dass es dem Verbraucher oder der Umwelt in irgendeiner Form genützt hätte.