OGH: Neue Klauselentscheidung stärkt Mieter in Neubauten

In einer neuen Klauselentscheidung verbot der OGH (6 Ob 81/09v) einer großen  Immobilienfirma die Weiterverwendung häufig verwendeter Vertragsbausteine zu Betriebskosten und Wartungsarbeiten.

Das aufgrund einer Verbandsklage des VKI ergangene Urteil wird hoffentlich eine Verbesserung der Vetragsgestaltung für Mieter  in Neubauten bringen. Bisher war es in Neubauten häufig üblich, Reparaturkosten an allgemeinen Teilen des Hauses, quasi als „erweiterte Betriebskosten“ im Mietvertrag zu vereinbaren. Hinsichtlich der Nebenkosten waren diese Mieter daher in der Praxis  schlechter gestellt, als Mieter in Altbauten, für die das dort anwendbare Mietrechtsgesetz eindeutige und zweckmäßige Grenzen gesetzt hat.

Die wichtigste vom OGH inkriminierte Klausel lautet (gekürzt) wie folgt:

Der vom Mieter zusätzlich zum vereinbarten Hauptmietzins zu tragende Anteil an den Bewirtschaftungskosten, das sind die anfallenden Kosten für den ordnungsgemäßen Betrieb des Gebäudes [….] und Kosten notwendiger Reparaturen (Elektro-, Installations-, Schlosser- und Malerarbeiten, wie zum Beispiel Dachrinnenreinigung, Klingeltableau beschriften, Türschließer einstellen etc.) im Mietgegenstand oder in den allgemein benutzten Gebäudeteilen etc. – ebenso die nach MRG weiter zu verrechnenden Betriebskosten errechnen sich nach der von ihm genutzten Fläche.

Das Bemerkenswerte an der OGH-Entscheidung ist deren Begründung, dass Kosten von Reparaturen in allgemein benützten Gebäudeteilen Teilen keine Betríebskosten darstellen. Die Aufzählung, was Betriebskosten sind, sei im Mietrechtsgesesetz (dessen Betriebskostenregelungen aber für viele Mietverhältnisse gar nicht unmittelbar anwendbar sind) vollständig und umfassend. Auch sei eine bloß beispielhafte Aufzählung („etc.„) keinesfalls zulässig, weil die Kosten für den Mieter nicht vorhersehbar sind.

Damit entschärft der OGH die nach wie vor gängige Praxis mancher Immobilienfirmen, dass im frei finanzierten Neubau (in dem ohnedies kaum leistbare Mieten dominieren) dem Mieter vertraglich so gut wie alle laufenden unvorhersehbaren Hausreparaturen noch zusätzlich aufgehalst werden. Wie dieser Fall zeigt, hatte auch die vor drei Jahren ergangene erste Klauselentscheidung des OGH, die sinngemäß bereits ähnliches aussagte, bei manchen Immobilienfirmen noch nicht zum erforderlichen Umdenken geführt.

Da in Wien Altbauten aus spekulativen Gründen zunehmend durch Neubauten ersetzt werden (und damit immer mehr Mietverhältnisse schleichend aus dem Schutzbereich des Mietrechtsgesetzes herausfallen), wird diese Entscheidung richtungsweisend für immer mehr Mietverhältnisse werden.

Die Entscheidung des OGH sollte auch der Gesetzgeber als Auftrag sehen. Es gibt keinen sachlichen Grund, warum bei der Verrechnung von Nebenkosten zwischen Neubauten und Altbauten unterschieden wird.

Insofern wiederholt der Mieterschutzverband Wien seine seit Jahren erhobene Forderung, dass der Gesetzgeber, zumindest was die Verrechnung von Betriebskosten betrifft, endlich auch Neubauten in den Schutzbereich des Mietrechtsgesetzes aufnimmt. Dies käme nicht nur vielen Mietern in Wien zu Gute, sondern generell auch Mietern jener Bundesländer, die über einen noch größeren Bestand an Neubauten verfügen. Eine Ausdehnung des Betriebskostenkatalogs auf Nachkriegsbauten könnte das leidige „Ost-West Gefälle“ bei der Mietrechtsgesetzgebung endlich beenden und für alle Beteiligten (auch Vermieter!) mehr Rechtssicherheit bieten.